Chorgemeinschaft
Vereinschronik von 1979 bis 1998

1979

Das letzte Viertel der Jahrhundertgeschichte „Lyra“ ist geprägt durch einige herausragende Ereignisse und Entscheidungen, die eingebettet sind in den normalen Fluss eines Vereinslebens, zu dem z. B. Jahreshauptversammlungen, Vorstands- und Verwaltungsratssitzungen, Feiern, aber auch das Abschiednehmen von Vereinsmitgliedern gehören.  Selbstverständlich ist die Geschichte eines Vereins immer auch mit den Namen einiger Vereinsmitglieder verbunden; seien es verdiente „Funktionäre“ oder treue aktive und passive Vereinsangehörige. Auch auf diese ist also in einer Vereinsgeschichte einzugehen. Im 75. Jahr ihres Bestehens, also im Jahr 1979, feierte die „Lyra“ unter der Stabführung ihres ersten Vorsitzenden Karl Becker ihr Jubiläum in mehreren Etappen. Der Auftakt begann am 19. Mai 1979 mit einer eindrucksvollen Gedenkstunde für die verstorbenen Vereinsmitglieder auf dem Friedhof Bruchsal, an die sich eine Abendmesse in der Pauluskirche anschloss. Gedacht wurde an 71 Vereinsmitglieder, die seit 1947 verstorben waren. Dieser Rückschau folgte das Festbankett am 25. Mai 1979 unter Beteiligung vieler Ehrengäste und befreundeter Vereine. Der hohe Stellenwert des Vereins im Kulturleben des Landkreises, aber auch seine soziale Funktion als Platz im geselligen Leben Bruchsals waren Inhalt vieler lobender Dankesworte. Ein anschließendes  zweitägiges Freundschaftsund Prädikatsingen rundete die Jubiläumsfeierlichkeiten in der Sporthalle Bruchsal ab. Die hohe Leistungsfähigkeit und –bereitschaft des Vereins in seinem Jubiläumsjahr beweist die Teilnahme an Prädikatsingen in Dielheim, Leopoldshafen, Wiesental und Rauenberg, die fast durchweg mit „sehr guten“ Bewertungen bewältigt wurden. Auch die Teilnahme am Festbankett anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Brudervereins „Cäcilia“ Bruchsal im Juni dieses Jahres sowie an verschiedenen Freundschaftssingen bereicherten das gewaltige Jahresprogramm unseres Vereins. Belohnt wurden die aktiven und passiven Vereinsmitglieder mit einem gelungenen Ausflug nach Schwäbisch Hall. Noch einmal war die „Lyra“ jedoch in ihrem Festjahr gefordert: Am 21. Oktober beendete der Verein mit einem Herbstkonzert in der Aula des Justus-Knecht-Gymnasiums seine Jubiläumsfeierlichkeiten. Volkstümliche Weisen, aber auch romantische Kunstlieder von Schubert und Schumann sowie als Höhepunkt des Konzerts der Zyklus „Junges Leben“ des zeitgenössischen Komponisten Quirin Rische wurden unter der Leitung von Klaus Völker dem zahlreichen Publikum dargeboten. Die von der Kritik testierten „brillanten Interpretationen“ seitens des Männerchores wurden ergänzt durch die „Musizierfreude des Kinderchores“ sowie die „hohe Qualität der Stimme“ unseres Vereinssolisten Max Botterer. Ein anstrengendes Jahr für die 52 aktiven Sänger des Männerchores ging mit der traditionellen Weihnachtsfeier zu Ende.

 

1980

Im darauffolgenden Jahr 1980 ging der Verein nur wenige Verpflichtungen ein. Die Beteiligung an der Jubiläumsfeier anlässlich des 40. Jahrestages der Priesterweihe von Stadtpfarrer Anton Menzer sowie an einigen Vereinsjubiläen waren wenige herausragende Vereinsaktivitäten. Dagegen wurde in diesem Jahr sowohl vonseiten der Vorstandschaft als auch vonseiten des Verwaltungsrates angeregt, über eine Angliederung eines Frauenchores nachzudenken. Die Zeit für eine Entscheidung war jedoch noch nicht reif, es gab in der Sängerschaft noch zu große Widerstände („Wir wollen nicht mit Frauen singen!“). Geselliger Höhepunkt des Jahres war ein dreitägiger Ausflug in die Schweiz, der bei allen Teilnehmern gut ankam. Die Jahre 1981 und 1982 zeigten, dass selbst nach einer 75-jährigen Geschichte die Existenz eines Vereins kein Selbstläufer ist; es muss ständig um dessen Erhalt gerungen werden. In diesen Jahren hatte die „Lyra“ mehrere Rückschläge hinzunehmen.

Ein bereits 1980 geplantes Konzert wurde auch im Jahre 1981 „wegen mangelnden Singstundenbesuchs“ (so die Feststellung in einer VSSitzung) abgesagt, die gleiche Begründung führte zu einer Verschiebung vom Oktober 1982 auf das Frühjahr 1983. Symptomatisch war der Rückgang der aktiven Sänger um 20 Prozent innerhalb von zwei Jahren sowie das Scheitern des Zukunftsprojektes „Kinderchor“. Dessen Singstundenbetrieb musste – auch hier mangels Beteiligung – am 1. September 1981 nach elfjährigem Bestehen eingestellt werden. Als hätte die Krise des Vereins allein nicht genügt, war im Jahre 1982 der Verlust von zwei Sängerpersönlichkeiten zu verkraften. Hermann Gänßmantel, Ehrenmitglied der „Lyra“ und seit 1925 treuer Sänger und Karl Busch, langjähriger Pressewart und beliebter „Vereinsdichter“, verstarben im Abstand von wenigen Wochen. Die Kameradschaft der Sänger und der starke Rückhalt der „Lyra-Familie“ erlaubten es dem Verein dennoch, weiterhin sängerisch aktiv zu sein. Gerne wahrgenommen wurde 1981 ein Freundschaftssingen anlässlich des 75-jährigen Jubiläums des „Bruderbundes“ Untergrombach und zwei Tage später ein Wertungssingen in Graben, bei dem ein zweiter Klassenpreis errungen werden konnte. Die gastronomische Leistungsfähigkeit stellte die „Lyra“ aus Anlass der Barock-Ausstellung Baden-Württemberg im Juni 1981 bei einem dreitägigen Straßenfest der Bruchsaler Vereine unter Beweis. Der Lyra-Stand wurde unter 19 Vereinen als einer der Schönsten gelobt. Einer der schönsten Tagesausflüge, die Fahrt nach Rothenburg o. d. Tauber, belohnte Aktive wie Passive.

 

1982

Im Jahre 1982 waren die Teilnahme am 75- jährigen Stiftungsfest in Eisental sowie am dreitägigen „Marktplatzfest“ in Bruchsal herausragende Verpflichtungen des Vereins. Anzufügen ist noch die Beteiligung am Kritiksingen in Obergrombach mit einer „überzeugenden Leistung“.

Der dreitägige Jahresausflug in das Salzburger Land mit einer großen Teilnehmerzahl war dabei für die Sängerfamilie ein schöner Ausgleich. Zwei Stichworte bereicherten schon seit einiger Zeit die Tagesordnungen der verschiedensten Vereinsgremien: Das „ewig junge“ Thema Mitgliederwerbung sowie die Gründung eines Frauenchores. Während Ersteres mit relativ wenig Resonanz verlief wurden zum zweiten Thema bei der Vorstandssitzung vom November 1982 Nägel mit Köpfen gemacht: Die erste Singstunde des Frauenchores wurde auf den 11. Januar 1983 terminiert. Intensives Werben unter den Sängerfrauen, den Frauen der Passivität sowie unter den ehemaligen Sängerinnen des Kinderchores waren angesagt. Die Mindestteilnehmerzahl von 30 Frauen war ins Auge gefasst. Groß die Enttäuschung als beim ersten Probetermin nur 12 Frauen erschienen. Doch unverzagt intensivierte die Vorstandschaft die Werbung, und am 12. April 1983 war es geschafft: Mit der ersten Singstunde unter der Leitung des Chorleiters Klaus Völker war der Frauenchor gegründet!

Zwar sollte der Frauenchor noch selbstständig bleiben, doch es war vorgesehen, die Sängerinnen ab 1984 als Mitglieder in den „Männergesangverein“ aufzunehmen. Zuvor waren jedoch noch einmal die Männer der „Lyra“ gefordert. Am 20. März 1983 konnte endlich das lange anvisierte Chorkonzert im Lichthof der Hebelschule Bruchsal durchgeführt werden. Das von Chorleiter Völker sorgfältig zusammengestellte Programm reihte – so die Kritik – nicht nach Wunschkonzertmanier Gängiges aneinander, sondern gab auch weniger oft Gehörtem seinen Raum. So waren neben Volksliedern für Männerchöre heitere Chöre auf Worte von Wilhelm Busch und Kantaten, die durch verschiedene  Länder der Erde führten, zu hören. Eine Einstimmung für die Zukunft war die Mitwirkung des Kammerchores des Hebelgymnasiums Pforzheim – einem reinen Frauenchor. Schlussendlich bot unser Verein ein Chorkonzert, das „nach Form, Inhalt und Aussage seiner Aufgabe vollauf gerecht wurde“. Auszüge aus dem Konzertrepertoire wurden beim Prädikatsingen in Östringen und Rußheim anlässlich der 110-jährigen Jubiläen der dortigen Gesangvereine zum Besten gegeben. Wertungen in der vorderen Hälfte bzw. sogar im ersten Drittel aller teilnehmenden Vereine zeigten die Leistungsfähigkeit unseres relativ kleinen Chores. Ein gelungener Vereinsausflug nach Würzburg im Herbst dieses Jahres und der erste bravouröse Auftritt des  Frauenchores bei der Weihnachtsfeier unseres Vereins rundeten dieses Mut machende Jahr 1983 ab. Nur der Tod des ältesten Vereinsmitgliedes, des seit 1922 treu zum Verein stehenden Ehrenmitgliedes Fritz Lenhard war eine betrübliche Zäsur.

 

1984

Die dem bahnbrechenden Jahr 1983 folgenden Jahre 1984 und 1985 dienten der Konsolidierung des Vereins. Herausragende sängerische Verpflichtung war nur die Teilnahme am Prädikatsingen in Neuthard (90. Jahrestag des Männerchores) mit „sehr gutem“ Erfolg. Personell jedoch gab es einiges Berichtenswertes. So gab aus beruflichen Gründen nach 16 Jahren Anfang 1984 unser Schriftführer Fritz Kasel sein hervorragend geführtes Amt an seinen Sohn ab. Als Sprecherin des Frauenchores wurde Frau Helga Kasel in die Verwaltung gewählt. An seinem Geburtstag, dem 19. Oktober 1984, durfte unser erster Vorsitzender Karl Becker für seine Verdienste für den Chorgesang als Vereins- und Kreisvorstand aus den Händen des Landtagsabgeordneten Heinz Heckmann die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland entgegennehmen. Im gleichen Jahr wurde im Rahmen der Weihnachtsfeier Jakob Dittes für 60-jährige Zugehörigkeit zur Aktivität die goldene Ehrennadel mit Schleife, die höchste Auszeichnung des Deutschen Sängerbundes, verliehen. Aus den Händen des Oberbürgermeisters Dr. Bieringer erhielten die langjährig verdienten Aktiven, Kassier Fritz Oberst (20 Jahre), Vereins- und Kreisschriftführer Fritz Kasel sowie zweiter Vorsitzender und Sängervorstand Rolf Hettmannsperger (15 Jahre), die Landesehrennadel. Ein wettermäßig leider nicht begünstigter dreitägiger Ausflug in den Harz und ein Tagesausflug nach Baiersbronn waren in den beiden Jahren 1984/1985 Höhepunkte im reichhaltigen geselligen Leben unserer „Lyra“.

 

1986

Das Jahr 1986 begann mit dem Rücktritt des zweiten Vorsitzenden Rolf Hettmannsperger und des Kassiers Fritz berst nicht erfreulich. Dennoch war es ein für die Zukunft des Vereins herausragendes Jahr. Denn was von Chorleiter Völker schon Anfang 1984 angedacht wurde, ob der Männer- und Frauenchor nicht als gemischter Chor weiterarbeiten sollte, wurde bei dem Chorkonzert im Mai 1986 ansatzweise umgesetzt. Den zahlreichen Zuhörern in der Hebelschule Bruchsal wurde ein Programm mit Schwerpunkt auf romantischer Musik geboten. Sowohl der Frauen- als auch der Männerchor „ließen durch eine lockere leichte, allem falschen Pathos ferne Singweise aufhorchen“, wie die Kritik testierte. Dieser zukunftweisende Schritt eines auch gemischt auftretenden Chores wurde im Jahr 1987 konsequent fortgesetzt, so z. B. beim Freundschaftssingen in Weingarten. Aber auch der Frauenchor allein wusste Akzente zu setzen: Beim ersten Frauenchortreffen in Karlsdorf anlässlich des 125-jährigen Jubiläums des Badischen Sängerbundes zeigten unsere Frauen, dass sie seit 1984 große Fortschritte gemacht hatten. Erstmals waren auch in diesem Jahr unter den Aktiven die Frauen in der Mehrzahl. Auch erstmals seit vielen Jahren musste wegen schlechten Wetters das traditionelle Gartenfest der „Lyra“ ausfallen; geselligen und finanziellen Ersatz bot jedoch die Teilnahme am ersten Bruchsaler Schlossfest. Wie so häufig bei ähnlichen Anlässen gehörte auch hier der Lyra-Stand zu den Schönsten. Der Jahresausflug führte bei herrlichem Wetter in den Südschwarzwald rund um den Feldberg. 1988 ging die Reise nach Marburg an der Lahn.

 

1989

Das Jahr 1989 brachte für den Verein eine tiefe Zäsur: Nach 18 Jahren beendete Klaus Völker seine erfolgreiche Chorleitertätigkeit. Unter seiner Stabführung gab es nicht nur zahlreiche schöne Konzertaufführungen; er ergriff auch mit der Vorstandschaft die Initiative zur Gründung des nicht mehr wegzudenkenden Frauenchores. Die Ernennung zum Ehrenchorleiter bei seiner Verabschiedung am 5. November war daher eine Selbstverständlichkeit. Während das Punktwertungssingen in Obergrombach im Juni 1989 noch unter der bisherigen Leitung absolviert wurde, hatte der neue Chorleiter Otto Lamadé, der seit dem 19. September die Chorführung übernahm, seine erste Bewährungsprobe am 21. Oktober beim Jubiläumssingen anlässlich der 110-Jahre- Feier des MGV „Cäcilia“ Bruchsal . Wieder einmal waren auch verdiente Sänger auszuzeichnen. Bei der Weihnachtsfeier 1989 durften für 65 Jahre aktives Singen Jakob Dittes und der wahre Meistersinger Willi Klein für 60 Jahre Sangeskunst geehrt werden. Ein Kontrapunkt war, dass im März des darauf folgenden Jahres 1990 eine Vereinsinstitution, der langjährige Vizedirigent Josef Seiter, sein Amt niederlegte. Während im letzten Jahr der Jahresausflug als dreitägige Fahrt die Vereinsmitglieder in den Bayerischen Wald führte, war im Jahr 1990 das Elsass das Ziel. 1991 war das Jahr der ersten großen Bewährungsprobe unseres neuen Dirigenten. Im übervollen Ehrenbergsaal des Bürgerzentrums wurden am 17. März unter der souveränen Leitung von Otto Lamadé geistliche Werke, romantische Chöre und Frühlingslieder zum Besten gegeben. Unter Mithilfe der Solisten Christine Brenk und Max Botterer war es ein gelungener Einstand. Den Dreitageausflug nach Lenggries im Herbst dieses Jahres hatte die Lyra-Familie sich also verdient.

 

1992

Im Jahr 1992 erfolgte wieder ein  einschneidender personeller Wechsel. Bei der Jahreshauptversammlung legte nach 24 Amtsjahren unser erster Vorsitzender Karl Becker aus Altersgründen sein Amt nieder. Sein Nachfolger wurde Rolf Hettmannsperger. Die „Lyra“ ließ es sich natürlich nicht nehmen, bei einem besonderen Ehrenabend am 5. September die herausragende Leistung von Karl Becker zu würdigen: Mitglied seit 1947, waren seine Tätigkeiten von 1950 bis 1964 als Kassier, als Pressewart von 1950 bis 1958 und seit 1968 als erster Vorsitzender Anlass, ihn zum Ehrenvorsitzenden zu ernennen. Aber nicht nur der Vereinsvorsitzende wechselte; auch ein neues Sängerlokal wurde im „Graf Kuno“ gefunden. Der Vereinsausflug in die Pfalz stimmte ein auf die große musikalische Herausforderung des Jahres: ein umfangreiches Chorkonzert im Rechbergsaal des Bürgerzentrums am 8. November. Die drei Chorgattungen der „Lyra“, Frauen-, Männer- und gemischter Chor mit solistischen und Ensemblebeiträgen von Vokalisten und Instrumentalisten gaben – so die Kritik – ein „beachtliches Konzert“. Klassische, romantische und zeitgenössische Musik wurden dabei ergänzt durch einen Originalbeitrag des Chorleiters selbst. Ein herzlicher Schlussapplaus war der wohlverdiente Lohn. Schon das kleine Jubiläumsjahr 1994 ins Auge fassend wurde der Verein vom beruflich bedingten Verlassen des Chorleiters Otto Lamadé überrascht. Seine letzte „Amtshandlung“ war das Dirigat beim Freundschaftssingen in Heidelsheim anlässlich der 100-Jahr- Feier des „Sängerbund-Liederkranz“ 1893. Neuer Dirigent wurde Jochen Stitz, der am 17. August 1993 die erste Singstunde leitete. Der Jahresausflug führte vom „Stützpunkt“ Bregenz zu österreichischen und schweizerischen Sehenswürdigkeiten.

 

1994

Das Jubiläumsjahr 1994 wurde am 29. Mai eröffnet mit einer Gestaltung des Gottesdienstes durch beide Chöre in der Stadtkirche Bruchsal. Es galt, für 90 Jahre MGV „Lyra“ und 10 Jahre Frauenchor zu danken und der verstorbenen Vereinsmitglieder zu gedenken. Der Öffentlichkeit wollte man sich des Weiteren in einem Festkonzert präsentieren. Zuvor gab es jedoch verschiedene Anlässe, sich im Hinblick auf diesen Herbsttermin „einzusingen“. Das Freundschaftssingen in Büchenau am 17. Juni, manches spontane Lied beim Jahresausflug ins Hessenland am 24. Juli, die Teilnahme des Frauenchores am Volksliedersingen der Frauenchöre in Karlsdorf am 25. September und natürlich das erstmals abgehaltene Probenwochenende im Pfarrsaal St. Paul am 8. Oktober sind hier zu erwähnen. So eingestimmt, konnte am 30. Oktober das große Festkonzert im Rechbergsaal des Bürgerzentrums bewältigt werden. Aufgeführt wurde das schwierige Volksliederoratorium „Das Jahr im Lied“ von Joseph Haas, einem der bedeutendsten Komponisten der Nachkriegszeit. „Hierbei zeigten sich die Chöre der Lyra hervorragend einstudiert von und im Einklang mit dem Dirigenten Jochen Stitz“, so die Kritik. Und weiter: „Textverständliche Artikulation und ein ...schöner Chorklang ließen nichts zu wünschen übrig.“ Der Verein konnte stolz sein über den gebotenen kurzweiligen Abend im nahezu vollbesetzten Saal. Würdig abgeschlossen wurde dieses wahrlich „runde“ Jahr bei der Weihnachtsfeier mit der  Ehrung der Vereinsinstitutionen Jakob Dittes für 70 Jahre und Willi Klein für 65 Jahre aktives Singen.

 

1995

Das Jahr 1995 wurde eingeläutet mit einer „großen Schweinerei“, dem ersten Lyra- Schlachtfest am 4. Februar. Da diese gesellige Runde so gut angekommen war, entwickelte sich daraus eine Tradition, die bis heute anhält. Bewährt hatte sich auch das Probenwochenende vor dem vorjährigen Festkonzert, so dass dieses intensive Einstudieren der Musikliteratur am 6. Mai im Pfarrsaal St. Paul und in den Folgejahren sporadisch wiederholt wurde. Turnusgemäß war in diesem Jahr auch wieder ein Dreitageausflug fällig, der mit einem Streifzug durch Tirol und das Allgäu landschaftlich und gesellig das Vereinsleben bereicherte. Schon in der Besprechung des letztjährigen Festkonzertes hatte der Kritiker die momentan schwierige Lage des Laienchorgesangs angesichts des nahezu unüberschaubaren Freizeitangebotes angesprochen. Wohl wissend auch um die Altersstruktur des Vereins wurde diese Problematik in den verschiedenen Vereinsgremien aufgegriffen und gipfelte in dem – allerdings leider erfolglosen – Versuch, über ein am 30. September angebotenes „Offenes Singen“ neue Freunde des Chorgesangs zu finden. In die gleiche Richtung gingen im Februar 1996 zwei Artikel in die örtliche Presse, in denen unter Hinweis auf das geplante Konzert im Spätjahr desselben Jahres um interessierte sangesbegeisterte Sängerinnen und Sänger geworben wurde. Nach nur etwas mehr als drei Jahren stand zum Ende des Jahres 1995 wieder ein Wechsel des Vereinslokals an. Dieses für ein Vereinsleben sonst eher störende Ereignis erwies sich für die Lyra jedoch als sehr vorteilhaft; mit dem Neubeginn der Chorproben im Seminarraum 1 des Bürgerzentrums und damit im Herzen unserer Stadt Bruchsal ab dem 9. Januar 1996 waren positive Auswirkungen auf Chorprobe und Chorverstärkung festzustellen. Im Restaurant Bergfried fand sich ein neues Lokal für das anschließende gesellige Beisammensein. Ähnlich gravierend war schon das nächste Problem, das sich auftat: aus beruflichen Gründen musste unser Dirigent Jochen Stitz seine Tätigkeit  orübergehend an Frau Judith Mammel abgeben; Frau Mammel war kurzfristig von Herrn Stitz vermittelt worden und füllte mit viel Elan die entstandene Lücke. Ihre erste Bewährungsprobe hatte unsere neue Dirigentin am 14. Juni 1996 beim Freundschaftssingen in Stettfeld anlässlich des 75-Jährigen Bestehens des MGV „Frohsinn“.
Am 11. August 1996 mussten wir von unserem langjährigen Vizedirigenten Josef Seiter Abschied nehmen. Die „Lyra-Familie“ begleitete ihn in großer Zahl auf seinem letzten Weg. Unser diesjähriger Jahresausflug führte uns in die Pfalz und in das nahegelegene französische Grenzgebiet. Konzerte sind immer Höhepunkte eines Gesangvereins. Mit Fug und Recht kann dies auch von der am 9. November 1996 im ausverkauften Rechbergsaal des Bürgerzentrums dargebotenen konzertanten Aufführung der Operette „Der Vogelhändler“ von Carl Zeller gesagt werden. Unterstützt von Studenten der Karlsruher Musikhochschule, welche die Solostimmen in hervorragender Weise übernahmen, bot die „Lyra“ zusammen mit dem Jungen  Kurpfälzischen Kammerensemble eine „ausgewogene Ensembleleistung“. Die Kritikerin bescheinigte unserer jungen Dirigentin „ein spürbares Charisma“ und ein „brillantes Debüt“, unseren Sängerinnen und Sängern attestierte sie „kammermusikalische Disziplin, Intonationssicherheit und solide sängerische Qualitäten“. Das Publikum genoss den festlichen Abend und applaudierte bis zum da capo lange und begeistert. Zum großen Bedauern der Sängerinnen und Sänger war die Dirigententätigkeit von Frau Mammel nur ein kurzes Intermezzo, da sie beruflich bedingt Mitte des Jahres 1997 ihr Amt aufgeben musste. Gleiches traf auch auf den von ihr vertretenen Herrn Stitz zu, so dass sich die „Lyra“ bis zum Jahresende auf Dirigentensuche begeben musste. Die Teilnahme unseres Vereins am geistlichen Konzert des Sängerkreises Bruchsal – Gruppe Süd – in Forst am 27. April und am Freundschaftssingen in Weingarten am 7. Juni anlässlich der 100-Jahr-Feier des dortigen MGV erfolgte jedoch noch unter der Leitung unserer jungen Dirigentin. Bis zum Jahresende übernahm Herr Stitz wieder die Stabführung. Nicht nur wegen des hervorragenden Wetters, sondern auch weil die „Lyra“ erstmals ihr Gartenfest auf den Montag ausdehnte, war dieses Fest – auch finanziell – für den Verein ein großer Erfolg. So konnte man als Ausgleich für die starke Beanspruchung der „Lyra-Familie“ sich in diesem Jahr wieder einen dreitägigen Ausflug gönnen, der uns nach Trier bzw. Luxemburg führte. Bei der Weihnachtsfeier erfolgte dann die Verabschiedung unseres Dirigentenpaares Mammel/ Stitz, die es nach Schweden bzw. Südbaden zog. Gleichzeitig wurde unser neuer Dirigent, Herr Otmar Wiedenmann, den Vereinsmitgliedern vorgestellt.

 

1998

Erstes öffentliches Auftreten mit unserem neuen Dirigenten war beim Freundschaftssingen der Liederhalle Karlsdorf (125-jähriges Bestehen) am 15. Mai und zwei Tage später beim Freundschaftssingen anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Kirchenchores von St. Anton. Nach unserem Jahresausflug, der uns am 12. September in den Südschwarzwald führte, war unsere letzte Verpflichtung für das Jahr 1998 die Gestaltung des Gottesdienstes in der Pfarrkirche St. Paul durch unseren gemischten Chor und unsere Solisten Margot Spatschke und Max Botterer. Einen besonderen Höhepunkt bot wieder einmal unsere das Jahr 1998 beschließende Weihnachtsfeier: Der wenige Tage zuvor 85 Jahre alt gewordene Willi Klein wurde für 70 aktive Sängerjahre mit der goldenen Ehrennadel und –urkunde des Deutschen Sängerbundes geehrt. Als Ausdruck dafür, dass auch die „hinter den Kulissen“ dem Verein Dienenden nicht vergessen werden, wurde die langjährige „Küchen-Chefin“ Gerda Heck, die seit 26 Jahren bei allen Festlichkeiten der „Lyra“ stets den Küchen- und Wirtschaftsdienst organisierte, in großer Dankbarkeit mit der Ehrenmitgliedschaf und der goldenen Vereinsbrosche bedacht. Bedenkliche Zahlen über das Durchschnittsalter unserer Chöre ließen den Verein 1999 – wieder einmal – aktiv werden. Mehrere Zeitungsberichte in der örtlichen Presse über ein im Spätjahr geplantes Chorkonzert wurden mit einem Aufruf zur Beteiligung interessierter Sängerinnen und Sänger verbunden. Darüber hinaus wurden durch  Handzettel, im Sommer auf dem Wochenmarkt bzw. in der Fußgängerzone verteilt, Interessenten geworben.
Weit über die Grenzen Deutschlands hinaus führte uns unser diesjähriger Ausflug, der als Viertagefahrt den Lago Maggiore sowie die lombardische Hauptstadt Mailand ansteuerte. Am 2. Oktober 1999 beging der 1. FC Bruchsal sein 100-jähriges Bestehen als großen Vereinsabend. Die „Lyra“ nutzte ihren Beitrag als Generalprobe für das eine Woche später stattfindende Vereinskonzert, indem sie einen Auszug dessen zum Besten gab.

Ein weiterer Meilenstein in der konzertanten Geschichte des Vereins war am 10. Oktober unser Konzert im ausverkauften Rechbergsaal des Bürgerzentrums Bruchsal. Unser gemischter Chor gab mit Solisten und der Kurpfalzphilharmonie das Oratorium „Das Lied von der Glocke“ von A. Romberg, basierend auf dem bekannten Gedicht von Friedrich Schiller zum Besten. Vorangestellt wurden fünf Konzertarien von Mozart, bei denen unsere „vereinseigenen“ Solisten Margot Spatschke „mit sicherer Stimmgebung und angenehmer Linienführung“ und Max Botterer „gut disponiert und mit sicherer Stimmgebung“ glänzten. Der Kritiker gab den Lyra- Verantwortlichen zu ihrer Entscheidung für einen gemischten Chor Recht, überzeugte dieser doch „als sehr gut besetzter, äußerst homogen wirkender Klangkörper“ unter der „präzisen Stabführung“ unseres Dirigenten Otmar Wiedenmann.

 

Alfred Becker

 

 


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